Sunrise am Taj Mahal

Magic Moments sind es die mich am Reisen faszinieren. Die Momente in denen man sprachlos ist vor Erstaunen. Momente, die lange als unrealistisch in deinem Unterbewusstsein verankert waren und plötzlich wahr werden. Momente, in denen du die Magie des Moments spürst und bewusst im hier und jetzt bist.

Oft vergessen wir bei all dem Stress, den wir im Alltag haben, das Hier & Jetzt richtig wahrzunehmen. Ständig sind wir mit unseren Gedanken bei der nächsten Aufgabe auf unserer ToDo-Liste und planen Ereignisse in der Zukunft bis ins Kleinste voraus. Oder auch genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir nicht gerade an die Zukunft denken, halten wir mit unseren Glaubenssätzen oder kleinen Traumata an der Vergangenheit fest. Wir denken teilweise völlig kontextlos über schon längst vergangene Ereignisse nach, die keinerlei Aktualitätsbezug haben oder noch viel schlimmer uns zudem negativen Gefühlen aussetzen. Wie oft vergessen wir beeinflusst durch diese Gedanken die aktive Wahrnehmung des präsenten Moments.

Doch es gibt auch Momente, in denen wir uns lebendiger als je zuvor fühlen und in denen wir so sehr mit der aktiven Rezeption des präsenten Erlebten beschäftigt sind und unsere Gedanken für eine Zeit lang ausschalten. Plötzlich zählt das Gestern und das Morgen nicht mehr.

So einen Moment hatte ich, als ich die Chance hatte den Sonnenaufgang über dem Taj Mahal zu sehen. Das Gefühl direkt vor diesem riesigen malerischen Bauwerk zu stehen und langsam die Sonnenstrahlen am Rand der majestätisch in den Himmel ragenden Türme zu sehen, war überwältigend. Die Sonnenstrahlen erfüllten von Minute zu Minute weitere Teile der Grabstädte und verwandelten sie in eine malerische Kulisse. Als die glitzernden Strahlen auch langsam auf meinen Körper trafen, erfüllte mich die vollkommene Präsenz der Golden Hour.

Bereits um vier uns morgens machen wir uns von unserem Hostel in Agra auf den Fußweg zur Grabstädte, die der Großmogul Sha Jahan für seine 1631 verstorbene Frau Mumraz Mahal erbauenlassen hat. Das Mausoleum besteht aus weißem Marmor und ist von innen geschmückt mit vielen verspielten floralen Verzierungen oder Koran-Passagen. Beeindruckend in jeder Hinsicht. Vier Türme unterstützen die majestätische Wirkung des Hauptraumes, der Grabkammer. In der Grabkammer befinden sich 2 Gräber, da das Grab des Großmoguls nachträglich nach seinem Tod 1666 hinzugefügt wurde. Ebenso eindrucksvoll ist die gesamte Anlage um das Bauwerk. Ziervolle Nebengebäude schmücken das Bauwerk, sowie Wasserläufe und Grünanlagen.

Dadurch, dass wir uns bereits sehr früh auf den Weg zum Taj Mahal gemacht haben, hatten wir die Möglichkeit das Mausoleum ohne Touristenmassen wahrzunehmen. Und es war jede Sekunde wert, die wir früher da waren, um die Exklusivität des Sonnenaufganges zu erleben. Besonders intensiv war dieser Moment für mich, da ich zu diesem Zeitpunkt meiner Indienreise noch sehr geschwächt war. Bereits nur einen Tag zuvor bin ich in der Nacht im Schlafzug von Varanasi nach Agra ohnmächtig geworden und war für ein paar Stunden außer Gefecht gesetzt-. Doch auch wenn mein Körper teilweise an seine Grenzen geht, gebe ich nicht auf und meine Neugierde auf Abenteuer gewinnt. Ich habe mich bewusst dafür entschieden mich Extremsituationen auszusetzten und an meine körperlichen Grenzen zu stoßen. Ich wollte Intensität auf jedem Level und das habe ich bekommen. Also kam es nicht in Frage aufzugeben oder mir den Taj Mahal entgehen zu lassen. Ein weiterer Tag in Agra hätte meinen Reiseplan durcheinandergebracht. Ich hatte wirklich großes Glück mit extrem hilfsbereiten Menschen unterwegs zu sein. Ich war noch zu geschwächt, um zu laufen und TukTuks waren leider zu dieser nächtlichen Stunde auch noch nicht unterwegs, deshalb wurde ich einen Großteil des Weges getragen oder gestützt. Dort angekommen und noch immer an meinen körperlichen Grenzen intensivierten sich meine Gefühle durch die überwältigten Eindrücke, denen ich ausgesetzt war. Ich war erfüllt von Dankbarkeit an diesem Ort zu sein, von Dankbarkeit diese magischen Sonnenstrahlen auf meiner Haut fühlen zu dürfen und von Dankbarkeit so gute Reisebegleiter gefunden zu haben, die mich auch in schwierigen Situationen unterstützten. All das machte den Sonnenaufgang am Taj Mahal