Weshalb ich reise

„Weshalb reist du eigentlich? Brauchst du wirklich so viel Urlaub von deinem anstrengenden Leben? „– Diese Frage bekomme ich tatsächlich ziemlich oft gestellt. Und meine Antwort ist:

 

Nein, definitiv nicht!

 

Bei meinen Reisen geht es keineswegs um Urlaub vom Leben. Es ist sogar viel mehr das komplette Gegenteil der Fall. Es geht um das pure Leben. Das Leben ist gekennzeichnet durch ständige Weiterentwicklung, Veränderung, das Erleben und Lernen. Stetig werden uns in unserem Leben Situationen begegnen, die für uns neu und unvorhersehbar sind. Die meisten Menschen haben Angst vor diesen Situationen. Ich nicht!

 

Ich möchte eben genau diese Situationen herausfordern. Ich möchte sie aktiv erleben. Die Momente fühlen, die mir in meinem Leben geschenkt werden. Und so befremdlich es manchmal ist, möchte ich mich aktiv in Situationen begeben, die ich nicht gewohnt bin, um Gefühle zu fühlen, die ich noch nie gefühlt habe und um wissen zu erlangen, von dem ich bisher noch nie etwas gehört habe.

 

Es geht um Intensität. Wie alle suchen stetig nach einem Sinnerfüllten Leben, aber reicht es nicht vielleicht einfach ein Intensität-erfülltes Leben zu eben? Ist das Leben vielleicht nicht genau dann erfüllt, wenn wir es mit einer Fülle von intensiven Gefühlen wahrnehmen? Ich denke ein erfülltes Leben wir nicht, wenn wir einfach mehr machen und mehr Erfüllung in der Quantität von Dingen im Außen suchen. Erfüllung finden wir genau dann, wenn wir die Dinge, die wir in unserem Leben haben oder gerne haben möchten eine tiefere und intensivere Bedeutung zuordnen. Wenn wir Dinge intensiver wahrnehmen, werden sie zu unserer selbst erschaffenen Realität.

 

Unsere Realität ist subjektiv. Die Realität in unserem Leben ist allein durch unsere Wahrnehmung bestimmt. Nehmen wir Dinge nicht wahr, existieren sie zwar, sind aber nicht Teil unserer Realität. Deshalb könnte die Intensivierung unserer Wahrnehmung maßgeblich dafür seine Erfüllung zu finden.

 

Doch Intensität wahrzunehmen in etwas routiniertem wahr irgendwann zu langweilig für mich. Ich war mir meinen Gefühlen, die ich in meinem Alltag erlebte, ziemlich bewusst und auch mir selbst. Ich habe mir ein ziemlich großes Selbstverständnis antrainiert und kannte schon viele Aspekte von mir selbst. Doch da musste noch mehr sein. Da mussten noch mehr Gefühle in mir sein, die ich noch nie vorher gefühlt hatte und Facetten von meinem Charakter, die ich noch nicht vorher kannte.

 

Wir verändern uns stetig weiter. Unser Charakter ist gekennzeichnet durch Entwicklung und Veränderung. Mit jeder Interaktion, jedem Gedanken und jedem Gefühl entwickeln wir uns. Wir sind nicht stetig, sondern formbar. Wir haben unzählige Charakterfacetten. Doch bewegen wir uns immer in ähnlichen Umständen werden wir auch immer nur ähnliche Dinge spüren, fühlen und Facetten entwickeln.

 

Das hat mich neugierig gemacht, neugierig nach mehr! Was wäre ich wohl in der Lage zu fühlen und für Charaktereigenschaften zu entwickeln, wenn ich mich aktiv in neue, völlig unbestimmte Situationen begeben würde. Wie würde ich handeln, wenn ich Situationen noch nicht kenne, noch keinen Gedanken darüber verloren habe? Wie würde ich dann handeln und vor allem wer würde ich dann sein? Welche Potentiale haben diese Situationen?

 

Ich habe mich sehr stark mit dem Themenfeld rund um Potentiale auseinandergesetzt. Inspiriert hat mich der Spruch „Das Potential des Lebens liegt in seiner Unberechenbarkeit“ Und es ist wahr! Je berechenbarer eine Situation für uns ist, desto weniger Potential liegt in dieser Situation. Wenn wir uns bereits in ähnlichen Situationen befanden, ist es ein leichtes für uns sich der Situation anzupassen. Wir vergleichen unterbewusst alle Situationen mit Dingen, die wir bereits kennen und handeln ähnlich. Doch was, wenn wir uns aktiv in unbestimmte Situationen begeben und uns die Potentiale dieser Situation offenlassen? Was wenn wir in Situationen sind, die wir nicht kontrollieren können und uns nicht zu sehr mit den Möglichkeiten beschäftigen, sondern uns einfach treiben lassen, wenn wir einfach in das kalte Wasser springen?

 

Es sind vor allem Serendipity-Momente, die mich fasziniert haben. Serendipity-Momente, sind Momente, in denen man etwas Gutes findet, mit dem man nie gerechnet hätte. Wir alle hatten doch bestimmt schon einmal das Gefühl. Man sagt ja auch oft, dass das Beste passiert, wenn man nie damit rechnet. Gerade durch die Unbestimmtheit von den Potentialen von Situationen wird die Wahrscheinlichkeit erhöht solche Momente zu empfinden. Dadurch, dass man Dinge nicht plant und keinerlei Erwartungen an etwas hat, steigen die Potentiale enorm an und die Wahrscheinlichkeit steigt neue Dinge zu erleben und auch wahrzunehmen und zu fühlen.

 

 

 

Genau diese Situationen fordere ich heraus! Ich will die Potentiale des Lebens auskosten und mich selbst darin wiederfinden. Ich will verschiedene Facetten von mir entdecken und mich weiterentwickeln. Ich will die Welt verstehen lernen und mich vom Schicksal überraschen lassen.

 

Ich will Serendipity-Momente jagen auf den Expeditionen zu den Potentialen des Lebens!

 

Das ist es, weshalb ich reise! Nicht wegen Erholung oder allein wegen der fremden Kultur. Kultur ist selbstverständlich eine sehr gute Möglichkeit neues Wissen zu erlangen und eine neue Facette von sich innerhalb einer anderen Kultur zu entwickeln. Kulturen können überwältigend sein und intensive Gefühle bei uns auslösen. Das Erleben von Kultur ist ein Tool um unseren Horizont, unser Wissen uns selbst zu entwickeln.  Doch es ist noch mehr was uns prägt. Es sind die Begegnungen, die wir mit Menschen haben. Begegnungen, die uns inspirieren und uns prägen. In denen wir Teil von etwas werden, auch wenn es nur temporär ist.

 

Wie ich reise, ist deshalb maßgeblich geprägt durch diese Idee. Ich versuche so viel wie nötig und so wenig wie möglich zu planen. Ich möchte mich so oft wie möglich in mir unbekannte Situationen begeben und die Potentiale der Situation, der Reise & des Lebens herauszufordern. Was werde ich erleben, wenn ich mich nicht schon vorher mit den verschiedenen möglichen Potentialen der Situation beschäftige oder sie zu sehr einenge. Teilweise ist das notwendig aus finanziellen, moralischen und sicherheitsbedingten Bedingungen, jedoch bleibt noch sehr viel Spielraum übrig, um sich von Allem überraschen zu lassen. Ich bin neugierig auf die Potentiale, die eine Reise mir bietet und welche Potentiale auch in meinem Leben auf mich warten. Offenheit und Neugier auf Neues und auf Entwicklung ist definitiv besser als Angst vor der Ungewissheit zu haben. Wir können Veränderung nicht aufhalten, aber wir können uns ihr aktiv stellen und sie trotz Unbestimmtheit stückweise kontrollieren.

 

Bisher durfte ich schon so viele unglaubliche Dinge erleben und fühlen und mich in verschiedene Richtungen weiterentwickeln, in die ich innerhalb meiner Comfort-Zone nie gekommen wäre. Dafür bin ich sehr dankbar. Und auch weiterhin werde ich das Leben herausfordern und werde ein durch Intensität erfülltes Leben leben. Das das jedoch einfach wird hat niemand gesagt! Es ist ein ständiges Heraustreten aus der Comfort Zone, ständige Ungewissheit und Sorge. Doch auch das sind Dinge, die ich fühlen möchte. All diese Gefühle sind ein Teil von mir uns ich möchte sie besser verstehen lernen.