Auf dem Kamelrücken in die Thar Desert

Sanddünen und Trockensavanne, soweit das Auge reicht. Keine Zivilisation in Sichtweite, geschweige denn künstliche Gebäude. Natur pur! In Regionen wie diesen spürt man, dass die Natur letzten Endes eben doch die Oberhand gewinnt über die Nutzungsmöglichkeiten unseres Planeten. Wir als Menschen haben uns so sehr mit der Illusion von Kontrolle und Macht über unseren Lebensraum angefreundet, dass wir oft vergessen, dass auch unsere Macht Grenzen hat. Auf meiner Reise zur Intensität und zu den Potentialen des Lebens, geht es vor Allem darum Grenzen zu testen. Und es geht eben auch um die Frage: An welcher Stelle stehen wir als Mensch im Allgemeinen an der Grenze unserer Möglichkeiten?

Grenzerfahrungen, sind es die unsere Potentiale im Leben determinieren. Sie geben den Punkt an, an dem unsere Potentiale stagnieren. Von hier aus gibt es, zumindest noch nicht, keine weiteren Potentialerweiterungen, so scheint es. Doch geht man noch etwas tiefer in die Materie fällt auf, dass es selbst Potentiale von Grenzen gibt. Diese Potentiale von Grenzüberschreitungen und Grenzerweiterungen liegen jedoch in der Zukunft und für uns im Rahmen des noch Unerreichbaren. Ich möchte deshalb in jeder Hinsicht Grenzerfahrungen machen. Grenzen von mir selbst, der Gesellschaft und auch der Natur. Ich möchte Naturgewalt spüren in jeglicher Intensität.

Deshalb liebe ich es Orte wie beispielsweise die Wüste zu besuchen. Hier kommen wir nicht nur an die Grenze der menschlichen Lebensbedingungen, sondern auch die Natur kommt an die Grenze der Vegetation. Deshalb finden es viele Touristen super interessant genau in diesen Lebensraum einzutauchen und hautnah mitzuerleben.

Arun hat sich genau diese Neugierde der Touristen zu Nutzen gemacht und bietet in der Thar Wüste in Rajasthan mehrtägige Desert-Kamelsafaris an. Es bietet Touristen die Möglichkeit mehrere Tage in der Wüste zu verbringen und sich so auf den Lebensraum einzulassen. Gemeinsam mit ein paar Mitarbeitern sorgt er für Schlafmöglichkeiten und er dem freien Sternenhimmel und frisch zubereitete Mahlzeiten.

Selbstverständlich habe ich selbst an einer dieser Touren teilgenommen. Gestartet sind wir in Jaisalmer, eine eindrucksvolle Wüstenstadt am östlichen Rand der Thar Desert. Hier wurden wir an unserer Unterkunft von Arun und seinem Team mit einem Geländewagen abgeholt. Die Ladung auf dem Dach sollten unsere späteren Feldbetten sein. Immer weiter fuhren wir in das immer brach werdende Land, wo die Vegetation mit jedem Kilometer, den wir zurücklegten, weiter schwindet. Wir näherten uns der Grenze zu Pakistan was deutlich an der Zahl der entgegenkommenden Militärfahrzeuge zu erkennen war. Ab einem bestimmten Punkt ging es mit dem Geländewagen nicht mehr weiter. Zu unsicher waren die Wege. Wir stiegen daher auf Kamele um, die auch all unser Gepäck trugen. Der Kamelritt bis hin zu unserem Schlafplatz sollte noch weitere 2 Stunden andauern und die prallende Hitze der staubigen Landschaft brachte uns ganz schön ins Schwitzen.

An unserer Schlafstelle angekommen bauten Arun und sein Team die Feldbetten für uns auf, während wir die Landschaft nun zu Fuß erkundeten. Beeindruckende Sanddünen umgaben mich und reichten soweit meine Augen blicken konnten. Ich war erstaunt von dieser Naturgewalt. Den restlichen Abend ließen wir bei einem Chai Latte und einem Frisch gekochten Abendessen ausklingen.

Wir saßen alle zusammen in den Dünen, schauten in die Sterne und philosophierten ein wenig über das Leben. Ich finde es immer wieder beeindruckend wie schnell mach eine tiefergehende Bindung zu Personen aufbauen kann. Wir kannten uns alle nicht länger als ein paar Tage und schon schienen wir auf einer viel tieferen Ebene connected zu sein. Ich denke, dass extreme Erlebnisse das Potential haben, Menschen zusammen zu schweißen. Extremsituationen sind für unser Unterbewusstsein so ungewiss und potenziell gefährlich, dass wir uns in allem anderen herum eine Sicherheit suchen, an der wir uns festhalten. Definieren wir Menschen erst einmal als unsere Sicherheit, fällt es uns viel einfacher uns ihnen zu öffnen. Diese Art von Potential der Extremsituationen, habe ich in dieser Situation zum ersten Mal sehr deutlich gespürt. Das Potential der Verbindung.

In der Nacht wehte ein ziemlich starker Wind, der einem schwachen Sandsturm glich. Nun war der Sand nicht nur um unser Lager herum, sondern überall. Doch das ist Natur. Wir waren dem Sandsturm ausgeliefert und Stunden von dem nächsten Dorf entfernt. Ich muss sagen bei solchen Ereignissen eine ziemliche Resilienz entwickelt zu haben. Situationen wie diese sind zwar nervig, aber nicht weiter problematisch. Durch viele Reisen bin ich in solchen Situationen eher lösungsorientiert unterwegs und in dieser Situation war die einzige realistische Lösung einen Schal über den Kopf zu legen. Was ich wollte, war, die Naturgewalt zu spüren und das habe ich mit jedem Sandkorn, dass auf meinem Körper gelandet ist.